Vertikale Domänen
Der Begriff der Domäne ist mehrdeutig: TOGAF definiert das was ich hier auf der Website Ebenen der Enterprise Architektur nenne, als Domäne (siehe unten). Meiner Erfahrung nach wird das Wort Domäne im Unternehmensalltag jedoch eher für eine vertikale Domäne verwendet - im Gegensatz zur horizontalen Definition von TOGAF. Um dieser Verwechslung zu entgehen, verwende ich für die horizontalen Domänen das Wort Ebene.

Eine vertikale Domäne bezeichnet einen spezifischen, thematisch abgegrenzten Bereich innerhalb eines Unternehmens, der durch eine eindeutige Sammlung von Geschäftsprozessen, Geschäftsfähigkeiten, oder IT-Produkten charakterisiert ist. Domänen dienen dazu, die Komplexität der Unternehmensarchitektur zu reduzieren, indem sie diese in handhabbare und logisch zusammenhängende Teile untergliedern. Diese Art von Domänen wird durch die Enterprise Architektur Schnittkanten geformt.
In der Praxis lässt sich eine Domäne nicht immer komplett trennscharf von einer anderen abgrenzen, daher muss man in der Realität mit Kompromissen leben. Ziel sollte es aber dennoch sein, die Domänen im Unternehmen so gut wie möglich scharf von einander abzugrenzen.
Domänen in TOGAF
Das Enterprise Architektur Framework TOGAF definiert den Begriff der Domänen wie folgt:
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Geschäftsdomänen: Sie konzentrieren sich auf spezifische Geschäftsbereiche oder -funktionen eines Unternehmens, wie z.B. Finanzen, Personalwesen, Produktion oder Vertrieb. Geschäftsdomänen umfassen typischerweise die relevanten Geschäftsprozesse, -fähigkeiten und -regeln, die für den jeweiligen Bereich charakteristisch sind.
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Daten- oder Informationsdomänen: Diese Domänen fokussieren sich auf die Strukturierung und Organisation von Informationen und Daten, die innerhalb des Unternehmens genutzt werden. Sie definieren, wie Daten kategorisiert, gespeichert und verwaltet werden, und umfassen oft Datenmodelle und Informationsflüsse.
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Anwendungsdomänen: Sie beziehen sich auf die Gesamtheit der Anwendungssysteme und Softwarelösungen, die innerhalb eines Unternehmens eingesetzt werden. Anwendungsdomänen helfen dabei, die IT-Landschaft zu strukturieren und die Beziehungen zwischen verschiedenen Anwendungssystemen zu klären.
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Technologiedomänen: Diese Domänen umfassen die technologischen Plattformen, Infrastrukturen und Standards, die zur Unterstützung der Geschäftsprozesse und Anwendungssysteme eingesetzt werden. Sie beinhalten Hardware, Netzwerke, Datenbanken, Middleware und andere Technologiekomponenten.
Um diesen Begriff nicht überzustrapazieren verwende ich im Sinne der TOGAF-Domänen auf dieser Website den Begriff Ebene.
Nutzen von Domänen
Die (vertikalen) Domänen haben auf den verschiedenen Ebenen teils gleiche, teils unterschiedliche Nutzen. Sie setzen auf allen Ebenen das Prinzip divide et impera (teile und herrsche) um und reduzieren somit die Komplexität. Auf der Business-Ebene können die Domänen eine Brücke zur Organisation im Unternehmen schlagen. Damit lässt sich auch Conways Law erfolgreich umsetzen, das besagt, dass Unternehmen immer nur die IT entwickeln können, die ihren Kommunikations- und Organisationsstrukturen entspricht. Vertikale Domänen ermöglichen auf der Business-Ebene durch ihre logische Aufteilung auch eine gute Kostenkontrolle.
Auf den technischeren Ebenen (Anwendungs-, Daten- und Technologieebene) hat die Untergliederung der Architektur in Domänen eine ganze Reihe von Vorteilen:
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Modularität: Durch die Aufteilung in Domänen und ihre technische Realisierung mit Hilfe von APIs wird eine modulare Architektur gefördert, bei der einzelne Anwendungen oder Komponenten unabhängig voneinander entwickelt, aktualisiert und gewartet werden können. Dies verringert die Komplexität der Gesamtlandschaft, da Änderungen in einer Anwendung nicht notwendigerweise Änderungen in anderen Anwendungen nach sich ziehen.
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Flexibilität und Skalierbarkeit: Eine segmentierte Architektur ermöglicht es, einzelne Teile der Anwendungslandschaft bei Bedarf zu erweitern oder zu reduzieren, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen. Dies unterstützt die Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an wechselnde Anforderungen und Lasten.
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Wiederverwendbarkeit: APIs ermöglichen die Wiederverwendung von bestehenden Funktionen und Diensten, indem sie standardisierte Zugriffspunkte bieten. Dadurch können Entwickler auf vorhandene Funktionalitäten zurückgreifen, anstatt diese neu entwickeln zu müssen, was Zeit und Ressourcen spart.
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Interoperabilität: Durch klar definierte Schnittstellen (APIs) zwischen den Domänen können unterschiedliche Anwendungen und Technologien miteinander kommunizieren und interagieren. Dies ist besonders wichtig in heterogenen IT-Landschaften, in denen verschiedene Technologien, Plattformen und Standards zum Einsatz kommen.
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Sicherheit: Die Trennung in Domänen kann auch aus Sicherheitsgründen vorteilhaft sein. Durch die Isolierung bestimmter Anwendungen können Sicherheitsrisiken eingedämmt werden. APIs können zudem so gestaltet werden, dass sie nur die notwendigen Informationen und Funktionen preisgeben, wodurch das Risiko von Datenlecks und anderen Sicherheitsproblemen reduziert wird.
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Wartbarkeit und Agilität: Eine segmentierte Architektur mit klaren Schnittstellen fördert die Wartbarkeit der Anwendungen. Fehlerbehebungen, Updates und Verbesserungen können in einzelnen Domänen durchgeführt werden, ohne das Gesamtsystem zu beeinträchtigen. Dies unterstützt agile Entwicklungspraktiken und eine kontinuierliche Verbesserung der IT-Landschaft.
Fazit
Die Aufteilung in Domänen im Rahmen von EAM ermöglicht eine effektive Governance durch die Festlegung klarer Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten. Sie unterstützt auch die Standardisierung und Wiederverwendung von Lösungen und Praktiken innerhalb und zwischen den Domänen, was zu Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen führen kann. Durch die Fokussierung auf bestimmte Domänen können Unternehmen ihre Ressourcen gezielter einsetzen und so die Erreichung ihrer strategischen Ziele besser unterstützen.
Besonders wichtig beim Einsatz von Domänen ist, dass sie gut zum Unternehmen passen: Sie müssen sich an der Realität im Unternehmen orientieren und dürfen kein rein abstraktes Gebilde sein. Sonst macht diese Segmentierung im Unternehmen keinen Sinn.